Unsere Netze müssen künftig mehr können als jetzt. Wie wir sie fit machen, erklären zwei Experten unserer Netztochter Syna.
Strom wird heute anders verteilt als früher. Denn er wird auch anders produziert: Statt einiger großer Kraftwerke speisen immer mehr Windkraft- und Solaranlagen Energie in die Netze ein. Je nach Wetterlage schwankt dabei die eingespeiste Strommenge. Zugleich wird der Stromhunger immer größer. So übernehmen zum Beispiel zunehmend elektrische Wärmepumpen das Heizen. Immer mehr Autos werden per Steckdose „betankt“. Das führt zu wechselhaften Stromverbräuchen, auch abhängig von der Jahreszeit. Für all das müssen die Netze gewappnet sein. Am besten schnell. Deshalb drückt die Syna aufs Tempo. Bis 2029 will sie ihre Netze stärker und smarter machen. Dafür nimmt sie viel Geld in die Hand: Rund eine Milliarde Euro liegen für die nächsten fünf Jahre auf dem Tisch.
Welche Bereiche der Stromversorgung packen Sie an?
Thomas Christ: Wir müssen uns um die Netze in gleich mehreren Spannungsebenen kümmern: von den Hochspannungsnetzen, die den Strom zu Industriebetrieben oder Umspannwerken transportieren, bis hin zu den Niederspannungsnetzen, die ihn in die Häuser leiten. Im Rhein-Main-Gebiet ist der Ausbaubedarf dabei besonders groß, da hier viele Rechenzentren entstehen, die viel Strom benötigen.
Was planen Sie konkret bei den Hochspannungsnetzen?
Patrick Schwerdt: Wir erhöhen vor allem die Leistung bestehender Trassen. Dafür ersetzen wir alte Leitungen durch solche mit größerem Querschnitt oder durch sogenannte Hochtemperaturseile (siehe Infokasten). Das spart Material und damit auch Kosten. Wo das nicht möglich ist, bauen wir das Netz aus. Dabei setzen wir hauptsächlich auf Erdkabel
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Wir setzen verstärkt auf Digitalisierung.
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Thomas Christ
Leiter Systemführung bei der Syna
Wie gestalten Sie in Zukunft die Stromverteilung direkt in den Städten und Gemeinden?
Thomas Christ: Wir müssen genau wissen, wann und wo welche Energiemengen verbraucht und eingespeist werden. Nur so können wir die Versorgungssicherheit garantieren. Deshalb setzen wir in den Mittel- und Niederspannungsnetzen der Städte und Gemeinden verstärkt auf Digitalisierung. Mit ihrer Hilfe können wir immer aktuell sehen, wo eine Störung auftritt oder wo eine Überlastung des Netzes droht.
Was tun Sie da genau?
Patrick Schwerdt: Zunehmend statten wir unsere Ortsnetzstationen mit digitaler Technik aus. Diese digitalen Ortsnetzstationen übermitteln uns Daten zum Zustand der Stromnetze. Zudem können wir im Fehlerfall die Wiederversorgung unserer Kundinnen und Kunden per Fernschaltung durchführen, statt wie bisher rauszufahren. Für andere Ortsnetzstationen haben wir kleinere Lösungen, die „Stromboxen“, vorgesehen. Sie senden uns ihre Informationen über ein sogenanntes LoRaWAN-Funknetz. Weitere Daten liefern uns Smart Meter. Bis 2032 werden alle Haushalte in Deutschland mit den digitalen Stromzählern ausgestattet. Alle diese Tools erlauben es uns, das Mittel- und Niederspannungsnetz gut im Blick zu halten. Mit den generierten Daten können wir als Syna außerdem unseren Ausbaubedarf noch genauer ermitteln und unsere Netze bedarfsgerecht ausbauen.
Thomas Christ ist Leiter Systemführung bei der Syna. Dr. Patrick Schwerdt leitet die Netzentwicklungsplanung bei der Süwag-Tochter.
Was sind Hochtemperaturseile?
Je mehr Strom durch eine Leitung transportiert wird, desto heißer wird sie. Häufig bestehen Leiterseile bei Freileitungen aus Aluminium. Dies wird bei über 80 Grad aber weich und die Leiterseile hängen tief durch. Hochtemperaturleiterseile besitzen dagegen eine besondere Aluminiumlegierung. So kommen sie mit höheren Temperaturen klar und können dadurch größere Strommengen durchleiten.
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