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Die Energieversorgung von morgen im Blick: Volker Quaschning auf der Windkraftanlage der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft.

Energiewende

„Wir müssen Tempo machen“

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  • 16.06.2023
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Die Energie­versorgung von morgen im Blick: Volker Quaschning auf der Wind­kraft­anlage der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft.

Den Klimawandel aufhalten und unser Energiesystem nachhaltig umbauen: Wie schaffen wir das? Was muss sich dafür jetzt ändern? Und was hat das alles mit der Mondlandung zu tun? Ein Gespräch mit Energie-Experte Volker Quaschning.

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Die Energie­versorgung von morgen im Blick: Volker Quaschning auf der Wind­kraft­anlage der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft.

Herr Professor Quaschning, wo steht Deutschland aktuell beim Klimaschutz?
Laut dem Klimaschutz-Index der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch im internationalen Mittelfeld. Die ersten drei Plätze bleiben in diesem Ranking übrigens traditionell frei, weil derzeit kein Land der Welt ausreichende Maßnahmen unternimmt, um das Pariser Klimaschutzabkommen einzuhalten. Auch Deutschland tut zu wenig.

Was sind aus Ihrer Sicht die größten Baustellen bei der Klimawende?
Ganz klar: Der Energiesektor trägt am stärksten zur Erderwärmung bei. Danach folgt die Landwirtschaft, die Art wie wir uns ernähren. Auch da muss etwas geschehen, aber der größte Batzen ist der Energiebereich. Wenn Deutschland seine Klimaschutz-Verpflichtungen einhalten will, sollten wir in 15 Jahren klimaneutral sein. Das heißt: Wir dürfen in 15 Jahren möglichst keine Kohle, kein Gas und kein Erdöl mehr verbrennen – weder in der Industrie, noch zu Hause, noch im Auto.

Wie erreichen wir das?
Erneuerbare Energien müssen unsere fossilen Brennstoffe bald komplett ersetzen. Das wird nur gelingen, wenn wir das Ausbautempo bei der Sonnen- und Windkraft deutlich verschärfen: In den nächsten ein, zwei Jahren sollten wir um den Faktor fünf schneller werden. Parallel müssen wir intelligente Netze und Speichersysteme aufbauen. Das alles passiert schon, aber zu langsam.

Die Wärmepumpe ist die effizienteste Heiztechnologie.“

Volker Quaschning
Experte für regenerative Energien

Was hält denn auf?
Deutschland hat schon vor 30 Jahren Windkraftanlagen gebaut. Damals gab es das Stromeinspeisungsgesetz, das umfasste vielleicht zwei Seiten. Mittlerweile sind die Gesetze und Verfahren viel komplizierter – und das behindert natürlich unser Vorankommen. Wenn wir weiterhin über jedes Windrad streiten oder Abstandsregeln so formulieren, dass man kaum Standorte findet, dann werden wir die Wende nicht schaffen.

Neben Wind und Sonne gilt grüner Wasserstoff als ein Energieträger der Zukunft. Wie wichtig ist er aus Ihrer Sicht?
Wasserstoff wird durch die Trennung von Wasser in seine zwei Bestandteile gewonnen. Setzt man für diese Spaltung Energie aus regenerativen Quellen ein, ist der erhaltene Wasserstoff klimaneutral. Er könnte künftig als Rohstoff für die Industrie zum Einsatz kommen, als Kraftstoff für Schiffe und als Zwischenspeicher für überschüssigen Sonnen- und Windstrom. Seine Herstellung ist aber vergleichsweise aufwendig. Deshalb glaube ich zum Beispiel nicht, dass wir künftig mit Wasserstoff heizen werden. Da gibt es effizientere Methoden.

Zum Beispiel?
Für 80 bis 90 Prozent aller Häuser kommt die Wärmepumpe als nachhaltige Lösung infrage – übrigens auch für Altbauten. Sie ist die effizienteste Heiztechnologie: Wer eine alte Gasheizung gegen eine Wärmepumpe tauscht, spart zwei Drittel Energie ein. Eine weitere Möglichkeit ist das Heizen mit Solar- oder Geothermie.

Über Wärmepumpen und „Heizungsverbote“ wurde zuletzt viel diskutiert: Ab 2024 sollen nur noch neue Heizungen in Häuser eingebaut werden dürfen, die zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden ...
Diesen Weg halte ich grundsätzlich für richtig. Wir müssen auf einen schnellen Umstieg setzen und den Menschen, die sich einen Heizungstausch nicht leisten können, staatlich unter die Arme greifen. In den 1990er-Jahren lag der Anteil erneuerbarer Energien bei drei Prozent, wenn man nicht nur den Strom-, sondern auch den Wärme- und Verkehrssektor betrachtet. Jetzt sind wir bei 20 Prozent. Wollen wir in 15 Jahren 100 Prozent erreichen, brauchen wir einschneidende Veränderungen.

Welche Rolle spielen Energieversorger in diesem Zusammenhang?
Ohne sie geht es nicht. Energieversorger müssen sich die Frage stellen, wie sie sich zukunftsfähig aufstellen – und in die entsprechenden Technologien investieren. Dabei wird sich ihre Rolle künftig vom reinen Versorger hin zum Manager eines komplexen, dezentralen Energiesystems wandeln. Eine große, aber auch spannende Aufgabe! Gleichzeitig haben Energieversorger durch ihre Nähe zum Kunden jetzt eine besondere Chance ...

Nämlich?
Aufklärungsarbeit zu leisten und die Bevölkerung auf dem grünen Weg mitzunehmen: mit guter Beratung und dem Angebot neuer Energielösungen zum Beispiel. Auch Projekte wie Bürgerwindparks (wie sie die Süwag in Heidenrod und Mengerskirchen betreibt, Anm. d. Red.) sind eine prima Möglichkeit, die Bürger für ein Umdenken zu begeistern. Das ist wichtig. Denn nur wenn die Bereitschaft für Veränderung in der breiten Bevölkerung da ist, traut sich auch die Politik was.

Energieversorger können die Bevölkerung auf dem grünen Weg mitnehmen.“

Volker Quaschning
Experte für regenerative Energien

Was glauben Sie denn: Schaffen wir die Wende noch rechtzeitig?
Ehrlich gesagt, ist der Pessimismus unter Klimaforschern groß. Wenn wir weitermachen wie bisher, schlittern wir auf eine vier Grad wärmere Welt zu. Vier Grad machen einen riesigen Unterschied: Als wir das letzte Mal vier Grad weniger hatten, war Berlin 200 Meter dick mit Eis bedeckt! Allerdings erkennen immer mehr Menschen die Vorteile einer klimaneutralen und unabhängigeren Energieversorgung. Dazu hat auch die Energiekrise beigetragen. Einiges ist gerade im Umbruch – in Deutschland und weltweit.

Ein Grund, optimistisch in die Zukunft zu blicken?
Ich denke schon. Die Amerikaner haben in den 1960er-Jahren sechs Jahre gebraucht: von einer Raketentechnik, die in den Kinderschuhen steckte, bis hin zur erfolgreichen Mondlandung. Ähnlich ambitioniert ist das, was wir bei der Energiewende brauchen. Wenn man will, zeigt aber die Geschichte, geht es. Diesen Willen müssen wir jetzt an den Tag legen.

Zur Person

Professor Volker Quaschning wuchs in Frankfurt am Main auf und studierte Elektrotechnik in Karlsruhe. Schon früh interessierte er sich für eine klimaverträgliche Energieversorgung. An der Technischen Universität Berlin promovierte er unter anderem zu Photovoltaiksystemen, heute forscht und lehrt er an der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft zu regenerativen Energien. Außerdem ist Volker Quaschning Mitinitiator der Bewegung Scientists for Future. Seine Mission: mit seiner Arbeit einen Beitrag zur Umsetzung wirksamer Klimaschutzmaßnahmen und zur Entwicklung einer nachhaltigen Energieversorgung leisten.

Mehr zu Volker Quaschning unter volker-quaschning.de

Unser Beitrag

Klimaschutz geht uns alle an! Überall, wo es geht, setzt die Süwag daher schon heute auf Energie aus erneuerbaren Quellen und investiert zudem selbst in nachhaltige Erzeugung. Ob Wasserkraftwerk oder Windenergiepark: Auf dieser interaktiven Karte entdecken Sie, wo und wie wir grünen Strom in unseren Regionen erzeugen. Um die Energiewende voranzutreiben, unterstützen wir auch Kommunen, Unternehmen und natürlich Privathaushalte auf dem grünen Weg. So bauen wir aktuell unter anderem den Vertriebsbereich Neue Energielösungen weiter aus – für alle, die ihr Zuhause nachhaltiger machen möchten.

Mehr zu grüner Energie bei Süwag

„Kleine Maßnahmen, spürbare Wirkung“

Wenn wir den Klimaschutz voranbringen wollen, müssen wir auch den Gebäudebestand stärker in den Blick nehmen. Wussten Sie, dass dort ein Drittel aller Treibhausgas-Emissionen entsteht? In Privathaushalten wirkt sich vor allem das Heizen aus. Immerhin: Nach Angaben des Umweltbundesamts sinkt der spezifische Energieverbrauch für Raumwärme – obwohl die Wohn- und Nutzfläche zunimmt. Einerseits verbessern gestiegene energetische Standards bei Neubauten die Bilanz. Andererseits leistet die Sanierung älterer Gebäude ihren Beitrag. Dabei muss es nicht gleich eine Rundum-Sanierung oder eine komplett neue Heizung sein. Schon kleine und geringinvestive Maßnahmen verbessern die Effizienz. Dichten Sie zum Beispiel Fenster und Türen ab oder nehmen Sie sich ungedämmte Heizungsrohre vor. Ebenfalls sinnvoll ist es, die oberste Geschoss- oder die Kellerdecke zu dämmen. Maßnahmen wie diese lassen sich schnell umsetzen und Sie sparen sofort Energie. Probieren Sie es aus oder sprechen Sie Ihren Vermieter darauf an!

Was es gebracht hat? Das zeigt eine abschließende Gebäudethermografie. Ein gutes Ergebnis bedeutet auch: Sie sparen zusätzlich, falls doch ein Heizungstausch ansteht. Denn je kleiner der Wärmebedarf des Hauses ist, desto kleiner kann die neue Anlage ausfallen. Eine überdimensionierte Heizung hingegen macht die Anschaffung nur unnötig teuer. Ich selbst habe bereits von einer alten Gasheizung auf eine Luft-Wasser-Wärmepumpe umgerüstet. Dabei wohne ich im Altbau, Baujahr 1956. Wie gut, dass heutige Wärmepumpen auch in älteren Häusern wirtschaftlich arbeiten – auch in Kombination mit Niedertemperatur-Heizkörpern. Sie möchten noch mehr für das Klima tun? Dann ergänzen Sie eine Solaranlage, die grünen Strom für Haushalt und Wärmepumpe liefert. Die Gelegenheit ist günstig: Seit Januar zahlen Sie für PV-Anlagen und dazugehörige Stromspeicher keine Mehrwertsteuer mehr. Zudem gibt es diverse Fördermöglichkeiten, insbesondere für nachhaltige Heizungslösungen. Einen Überblick liefert die Datenbank foerderdata der febis GmbH (www.fe-bis.de). Schauen Sie rein – und lassen Sie sich dann von uns beraten. Gemeinsam bringen wir den Klimaschutz in Ihrem Zuhause voran!

Was tun Sie für die Energieeffizienz Ihres Zuhauses?
Schreiben Sie uns an
kundenmagazin@remove-this.suewag.de

Frank Herbener, Salesmanager für neue Energielösungen bei der Süwag, über klimawirksame Gebäudesanierungen.

Fotos: Sascha Kreklau, Moritz Reich

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